16August
2001

Ludmilla (und) die turkmenische Wüste

Um sieben ist Tagwache. David, Leyla und Thiller wollen ins Meer, ich hingegen nicht, denn ich habe die Wassermonster noch nicht vergessen. Und jetzt, wo mangels anderer Badegäste die Futterauswahl für die Viecher beschränkt ist, muss es erst recht nicht sein.

Sie überleben es und nach einem Frühstück mit richtiger Konfitüre, einer Rarität hier, machen wir uns auf dem Weg zum Busbahnhof. Erst versorgt uns David aber noch mit Proviant (Kartoffel und Eier) und wir müssen traditionsgemäss unbedingt noch Geschenke tauschen. Er schenkt uns ein Feuerzeug für die Weiterreise und Thiller bekommt einen Ring, wir schenken ihm mangels Alternativen ein paar Päckli Marlboro und Villiger aus unserem Vorrat zur Beschleunigung administrativer Prozesse. Leyla hilft uns aus der Verlegenheit und schenkt ihm ein selbstbemaltes T-Shirt.

Abschiedsfoto mit David am Strand von Awaza

Diesmal ist der Bus noch da, aber hoffnungslos überfüllt. Und weil heute kein zweiter mehr fährt und wir terminlich etwas in Zugzwang geraten (wir haben nur ein Transitvisa für wenige Tage), entschliessen wir uns, ein Taxi zu nehmen. Die Angebote beginnen bei 70 Dolari (US-Dollar ist die Universalwährung) und purzeln rasch runter auf 40. Dann kommt - «Sie isch jung, sie isch schön, sie isch schtarch, sie isch gschyd...» - Ludmilla und bietet 30. Zumindest stark ist sie auf jeden Fall: grösser als ich (plus Absätze), breiter als Thiller und ich zusammen und eingenebelt in eine süsslich-schwere Duftwolke. Wir schlagen ein, wuchten unser Gepäck in ihren Schiguli, sie klemmt sich hinters Steuer, ich auf den Beifahrersitz und die kurzbeinigeren Zwei auf die Rückbank. Noch schnell für umgerechnet etwas mehr als einen Franken vollgetankt und einen Reservekanister gefüllt und los geht’s: mit Bleifuss und lärmendem russischen Techno in Endlosschleife aus dem scheppernden Radio fast 600 Kilometer Richtung Aşgabat, Grossteils durch die turkmenische Wüste bei Temperaturen gegen 45 Grad.

Die malerische Landschaft, Nomaden mit ihren Jurten, wilde Kamele und ein weit entfernter Sandsturm schreien nach einem Fotostopp. Ludmilla hingegen schreit «Njet» und gibt uns zu verstehen, das sei bei diesem Preis nicht drin. Wir fahren auch an einigen stehengebliebenen Bussen vorbei und sind uns einig, dass die Alternative mit dem Taxi trotz allem gar nicht so schlecht war. Um 18 Uhr kommen wir in Aşgabat an und sie will noch zusätzliche 3$ für das viele Gepäck. Eigentlich wollten wir ihr sowieso einen Zehner Trinkgeld geben, weil sie aber zu verhandeln beginnt, geben wir ihr fünf und alle sind zufrieden. Noch eine kräftige Umarmung, ein schnelles Foto und weg ist sie.

Wir suchen uns ein Hotel und kommen dem Bedürfnis nach einer ausgiebigen Dusche nach, anschliessend noch ein erster kurzer Stadtbummel, bevor wir uns völlig erledigt zeitig in die Horizontale werfen.

Ludmilla und ihr Lada Schiguli