06Juli
2001

Das Labyrinth

Der Tag beginnt mit packen. Es ist gar nicht so einfach, einen Autoinhalt auf zwei Rucksäcke, eine Reisetasche, einen Kofferrucksack, zwei Tagesrucksäcke und eine Kühlbox zu verteilen. Vieles bleibt natürlich in der Türkei, unter anderem unsere frisch erstandenen Klappstühle. Um zehn Uhr sind wir wieder in der VW-Garage und bringen den Golf zum Schrottplatz der Zollverwaltung. Hier werden wir fast den ganzen Tag verbringen...

Während ich auf das Gepäck aufpasse, geht für Thiller und Ibrahim der Marathon los. Das Verwaltungsgebäude erinnert an eine riesige, vierstöckige Kaserne mit endlosen Gängen, in denen sich rechts und links ein Büro an das andere reiht. Sie gehen von Büro zu Büro, füllen ein Formular nach dem anderen aus und sammeln unzählige Stempel - es scheint unmöglich, dass jemand so viel Fantasie aufbringen kann, ein derart kompliziertes Prozedere zu erfinden.

Schlussendlich - mittlerweile ist es drei Uhr am Nachmittag - fehlt nur noch der eine Stempel der besagt, dass das Auto in Ordnung ist. Aber genau das ist es eben nicht, weil sie es in der Garage ja komplett ausgeschlachtet haben. Für umgerechnet 100 Franken würde uns der Beamte diesen Stempel geben; mutmasslich ohne Quittung und als Entschädigung dafür, weil er jetzt kein Autoradio, keine Batterie und keine Felgen verkaufen kann. Viel zu viel finden wir und wollen verhandeln, ernten aber nur ein fieses Grinsen mit Schulterzucken. Es ist Freitag-Nachmittag, bald hat er Feierabend und wenn wir wollen, können wir gerne am Montag wieder kommen. Selbstverständlich können wir dann auch die Originalteile mitbringen, dann entfällt die «Gebühr».

Einige Millionen Lire wechseln den Besitzer, wir bekommen unseren Stempel und dürfen ausreisen, was wir dann auch gleich organisieren. Noch im Taxi zum Flughafen organisiert Thiller einen Flug via Istanbul nach Tiflis. Am Flughafen dann ein ziemliches Gehetze, weil der Flug gleich startet, dafür hat auch niemand Zeit unser Gepäck zu wiegen und wir müssen für unsere rund 100 Kilo Gepäck keinen Aufpreis bezahlen. Dass wir Thillers Autonummer im Taxi liegengelassen haben, merken wir erst später.

In Istanbul versuchen wir erfolglos, unsere Gastgeber in Tiflis zu erreichen, verpassen fast den Anschlussflug, weil dieser früher startet als geplant, und fliegen dann im Halbschlaf über das Schwarze Meer Richtung…

GEORGIEN

Nachdem die Einreiseformalitäten erledigt sind - im Vergleich zur Türkei geht das extrem schnell - spricht uns ein Polizist an und fragt, ob wir ein Hotel suchen. Er setzt sich mit uns in ein Taxi und wir lassen uns in die Stadt fahren. Beim Hotel geht er voraus, um zu klären, ob sie ein Zimmer für uns haben und vermutlich auch um seine Provision auszuhandeln. Auf die Frage, wieviel denn das Taxi koste meint er: «Ach meine Freunde, gebt mir einfach 100 Dollar, das ist schon okay!» Wir meinen, 20 wären mehr als genug und einigen uns auf 50, was natürlich noch immer viel zu viel ist. Aber es ist fünf Uhr in der Früh und wir wollen nur noch ins Bett, alles andere ist uns egal!

Unser Visa für Georgien